“Er interessiert sich nicht mehr für mich” – kennst du den Gedanken? Du hungerst nach der Zuwendung deines Partners – und was du bekommst, genügt nicht. Andererseits fragst du dich, ob du nicht zu viel von der Liebe erwartest. Manchmal bist du sogar unsicher, ob du selbst irgendwie “verkehrt” bist? Aber die Sehnsucht nach Zuneigung bleibt. Das Traurige daran: diese Gedanken können deine Beziehung verschlechtern, ohne dass du es willst. Sie wirken ohne dein Zutun.
In diesem Artikel erfährst du, woher solche Gedanken kommen und ich mache dir deutlich, warum sie deine Beziehung verschlechtern.
Beziehung verschlechtern – gefangen im Karussell der Gedanken
Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an.
Marcus Aurelius
Hinter negativen Gefühlen stecken negative Gedanken und Gedanken lösen Gefühle aus. Eins bedingt das andere.
Gefühle sind das Ergebnis einer Bewertung: etwas ist gut oder schlecht. Und dann fühlst du dich entsprechend gut oder schlecht. Das bestätigt dann wiederum deine Gedanken: tatsächlich, es ist so! Und das was ist, fühlt sich auch so an – das Karussell dreht sich im Kreis …
Wenn du der Meinung bist, dass dein Partner dich nicht richtig wahrnimmt, fühlst du dich einsam. Und das Gefühl der Einsamkeit löst den Gedanken aus “Er liebt mich nicht (genug)”. Du fühlst dich noch mehr alleingelassen. Das erweckt den Gedanken: “Wenn er mich nur mehr lieben würde …” oder “Wenn ich liebenswerter wäre …” Wieder kommt das schlechte Gefühl hoch …
Wichtige Bezugspersonen prägen unser Verhalten und unser Selbstbild als Partner
Als Kind bekamen wir zu hören und zu spüren, wer wir sind. Das geschah über Aussagen oder auch über unausgesprochene Botschaften über unser Verhalten. Sie hinterließen ein Bild von uns selbst. “Du bist ja so hilfsbereit”, “Auf dich ist immer Verlass”, “Männer sind Draufgänger” oder “Deine Schwester ist so niedlich” (und du nicht). Daraus entstehen im Kind Überzeugungen wie “Ich bin (meinem Elternteil) nicht wichtig bzw. nur wichtig, wenn ich anderen helfe oder fleißig bin”. Oder: “Ich muss ein richtiger Kerl sein” und “Ich bin nicht liebenswert”. Noch nach Jahren und Jahrzehnten kann das ganz schön weh tun und sehr anstrengend sein. Wie sich das auf unsere Bindungsfähigkeit in Beziehungen auswirkt und die Beziehung verschlechtern kann, aber auch, wie du solche Prägungen heilen kannst, stellt Stefanie Stahl auf ihrer Webseite in Filmen und in ihren Bestsellern Das Kind in dir muss Heimat finden* und Jeder ist beziehungsfähig* leicht verständlich und sehr praxisnah dar.
Als Kinder übernehmen wir vorgelebtes Verhalten von Eltern, Freunden, Erziehern oder Lehrerinnen. Wir verhalten uns entsprechend hilfsbereit, fleißig oder draufgängerisch. Damit haben wir uns die Zuneigung oder einfach nur die Aufmerksamkeit unserer Eltern, Erzieher und Lehrer gesichert. Wir haben uns vor deren Kritik und Ablehnung geschützt oder ihre Aufmerksamkeit auf uns gezogen. Zumindest haben wir es auf diese Art versucht.
Erwachsene sind Vorbild und vermitteln Erfahrungen mit Zuwendung – gewollt oder nicht, bewusst oder unbewusst. Später in Partnerschaften kann sich eine Beziehung verschlechtern, wenn früh Gelerntes nicht in Frage gestellt wird.
Wir erfahren als Kind meist, dass Liebe an Bedingungen geknüpft ist
Geliebt zu werden, hat für viele Menschen einen Preis gekostet: eigene Wünsche und Bedürfnisse aufzugeben, sich anzupassen. Das spiegelt sich deutlich in den Poesiealben unserer Mütter oder Großmütter wieder, wenn dort vom “Veilchen in Moose” die Rede ist. So sollte ein Mädchen sein. Und nicht “stolz wie eine Rose”. Beziehung heißt dann zurückstecken und “Um Liebe muss man kämpfen”.
Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, wird in der Kindheit gelernt. Weil die Eltern schwach sind. Oder krank. Nicht präsent. Sich nicht kümmern. Da liegt es nahe, als Kind Kontrolle zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass es den Eltern gut geht. Der Gedanke erwächst: “Ich muss zuerst an andere denken” oder auch “Ich darf nicht gehen (wenn es dem anderen schlecht geht)”. In der Partnerschaft kann durch diesen Gedanken Abhängigkeit entstehen: “Wenn ich mich nicht kümmere, habe ich Schuld, wenn es dem anderen schlecht geht.” Die Partner sind nicht frei.
“Beziehungen sind (für mich) leidvoll” ist eine über die Zeit gewachsene Überzeugung
Aus regelmäßigen Erfahrungen werden über die damit verbundenen Gedanken feste Vorstellungen: Glaubenssätze über Beziehungen, über uns selbst und das Leben als solches.
Diese Glaubenssätze sollen uns vor zukünftigen Enttäuschungen, vor unerfüllten Erwartungen schützen – davor, dass wir uns falsche Hoffnungen machen.
Je nach Qualität unserer früheren Erfahrungen heißt das dann: Eine Partnerschaft macht mich glücklich, traurig oder gleichgültig. Ich finde darin Erfüllung oder Langeweile. Partnerschaft erlebst du entsprechend eher als Entwicklungsraum oder als Einengung. Mach dir bewusst was du denkst und nimm aktiv Einfluss darauf.
Der Gedanke “Ich muss ein echter Kerl sein, um für meine Partnerin attraktiv zu sein” ist einer dieser typischen Glaubenssätze über Beziehungen aus männlicher Sicht: eine verallgemeinerte Überzeugung, die nicht mehr in Frage gestellt wird. Es ist so, weil ich es denke! So und nicht anders!
Glaubenssätze über Beziehungen beeinträchtigen deine Bindungsfähigkeit und können deine Beziehung verschlechtern. Oft sind sie so verfestigt, dass Menschen sie auch dann als Muster beibehalten, wenn sie nicht (mehr) passen: selbst wenn das Leben und die Beziehung sich ändert, bleibt der Satz bestehen.
Stefanie Stahl, Psychologin und Autorin des Bestsellers Das Kind in Dir muss Heimat finden* (weiter unten in meinen Suchtipps verweise ich auf dieses Buch), beantworte in diesem Video bei Sinnsucher.de 10 Fragen zum Thema Muster, Kindheit, Selbstwert und Beziehungen:
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Glaubenssätze über Beziehungen erkennst du an Verallgemeinerungen
Wörter wie “alle”, “jeder”, “immer”, “nie” weisen auf feste Überzeugungen hin. Sie beginnen mit so typischen Sätzen wie “Ich muss …”, “Es ist notwendig …”, “Ich kann nicht …”, “Frauen/ Männer sollten …”
Wer sagt “Nie hörst du mir zu”, “Alle Männer betrügen ihre Frauen” oder “Ich bin nicht attraktiv”, der lässt sich durch eine pauschale Vorstellung leiten.
Es gibt hoffnungsvolle Glaubenssätze über Beziehungen, wie “Zu jedem Topf passt ein Deckel”, “Ich darf so sein, wie ich bin” und auch eher begrenzende, ängstliche, überhöhende, negative wie “Ich glaube nicht an die ewige Liebe”, “Ich bin nicht gut genug” oder “Männer, die ihre Frau lieben, tragen sie auf Händen”. Nicht nur die negativen Glaubenssätze können deine Beziehung verschlechtern – auch die positiven Glaubenssätze über Beziehungen haben möglicherweise einen ungünstigen Einfluss: wenn sie deine Erwartungen an eine Beziehung so hoch hängen, dass sie unrealistisch sind .
Typische negative Glaubenssätze über Beziehungen
- Ich bin nichts wert.
- So wie ich bin, bin ich nicht richtig.
- Ich bin um meiner selbst willen nicht liebenswert.
- Für meinen Partner bin ich nicht wichtig.
- Ich bin nicht attraktiv.
- Mein Mann versteht mich nicht.
- Ich kann weder ohne noch mit meinem Partner leben.
- Mein Partner interessiert sich nicht für mich.
- Ich brauche meinen Partner, um glücklich zu sein.
- Es ist meine Aufgabe, meinen Partner glücklich zu machen.
- Ich bin keine gute Liebhaberin.
- Ich habe kein Glück in der Liebe.
- Lebenslange Liebe gibt es nicht.
- Ich kann nicht darauf vertrauen, dass die Liebe bleibt.
- In der Beziehung muss ich die Kontrolle behalten.
- Ich muss in der Beziehung immer stark sein.
- Mein Vater war ganz anders als mein Partner.
- Ich gerate immer an die falschen Männer.
- Männer sind nicht zu verstehen.
- Ich weiß, was für meinen Partner am besten ist.
Überzogenen Ansprüchen kann niemand gerecht werden. Glaubenssätze über Beziehungen enthalten unerfüllte Erwartungen und unerfüllbare Vorstellungen. Dein Partner oder du selbst fallen vor deinen eigenen Ansprüchen – ungewollt – immer wieder durch. Der Partner ist unseren unbewussten negativen Gedanken beinahe hilflos ausgeliefert – und wir selbst auch.
Gedanken wie diese werden nach und nach eine Beziehung verschlechtern, weil niemand dem zerstörerischen Anspruch gerecht werden kann.
Wenn du von deinem Leid überzeugt bist, lässt du gute Erfahrungen nicht zu – ohne es zu wollen
Man kann sich mit den eigenen Gedanken schneller runtermachen, als es der schlimmste Feind jemals könnte. Achtsamkeit hilft dabei, einen Spamfilter im Kopf einzurichten.
Ilene Gregorian
Auch wenn dein Partner betont, wie wichtig du ihm bist: du fühlst dich trotzdem übergangen, wenn er im Freundeskreis mit einer attraktiven Frau redet. Dein Glaubenssatz über Beziehungen, dass es keine dauerhafte Liebe gibt oder Liebe Leid bedeutet oder Anstrengung, wird sich immer wieder selbst bestätigen. Alle weiteren Erfahrungen mit dem Partner oder der Partnerin machst du dann bereits mit der Erwartung, dass es so sein wird, wie du es kennst. In der Psychologie nennt man das “selbsterfüllende Prophezeiung”:
Wer denkt, nicht geliebt zu werden, verhält sich auch abweisend und kritisch seinem Partner gegenüber. Alleine schon aus Selbstschutz. Und das reicht aus, um deine Beziehung verschlechtern zu können – ohne es zu wollen.
Das kann sogar so weit gehen, dass es Partner*innen schwer fällt, Entscheidungen in der Partnerschaft treffen zu können.
Du leidest darunter? Erweitere Deine Sichtweise!
Das solltest Du nicht (mehr) tun: Dich als Opfer deiner Kindheit erleben
Vermeide es, dich deinem Schicksal zu fügen, nach dem Motto: „Meine Eltern haben Schuld“ oder „Hätte mich meine Jugendliebe damals nicht hintergangen, wäre ich jetzt nicht so unglücklich.“ Wenn du so denkst, gibst du deine Handlungsfähigkeit auf und lässt deine früheren Erfahrungen über dich und dein (Beziehungs-)Schicksal siegen.
Selbstliebe macht dich unabhängig
Verabschiede dich von dem Gedanken, dass Liebe bedingungslos ist. Eine bedingungslose Liebe im Außen gibt es faktisch nicht. Daher ist Selbstliebe Voraussetzung für Unabhängigkeit und Zufriedenheit in einer Beziehung. Dein Partner kann nur die Liebe in dir erwecken, die in dir bereits vorhanden ist.
Würdige deine alten, negativen Glaubenssätze über Beziehungen: sie gehören in ein “Museum”
Deine Glaubenssätze über Beziehungen waren einmal wichtig für dich. Sie hatten eine Bedeutung. Heute passen sie nicht mehr in den Alltag deiner selbstbestimmten Partnerschaft. Sie können deine Beziehung verschlechtern, also ab ins “Museum” damit.
Erinnern kannst du es gut, oder? Du hast dich angestrengt. Als kleines Mädchen hast du gelernt dich anzupassen und für andere zu sorgen, um geliebt zu werden. Dieses Verhalten hat wahrscheinlich dein emotionales Überleben in einer Familie gewährleistet, in der ein Elternteil Alkoholiker war oder psychisch krank oder kritisierend und abwertend bis zynisch. Oder einfach “nur” überfordert.
Das war einmal. Die Vergangenheit hat einen Vorteil: sie ist vorbei. Besuch sie im Museum.
Übung: Mach dir deine Gedanken bewusst und gewinne Einfluss auf sie
Die folgenden Fragen können dir zu mehr Abstand von negativen Gedanken verhelfen:
- Woher kennst du das? Von wem?
- Wozu hat der Glaubenssatz früher einmal gedient? Wofür war er in deiner Kindheit, deiner Vergangenheit gut?
- Wozu ist er heute noch nützlich und hilfreich?
- Woran hindert dich dieser Glaubenssatz?
- Was würde passieren, wenn du den Glaubenssatz einfach außer Acht ließest?
Negative Gedanken kannst Du nicht komplett löschen. Sie werden immer wieder einmal in dir hochkommen. Wichtig ist, sie zu erkennen: als etwas aus deinem “Museum”. Lass dich nicht unbewusst von ihnen beeinflussen. Du wirst dich von Glaubenssätzen über Beziehungen nicht über ein paar Fragen sofort lösen. Aber du kannst sie verringern! Dazu musst du die negativen Glaubenssätze loslassen – Stück für Stück. Sei zufriedener und zuversichtlicher. Das stärkt dich in Deiner Fähigkeit, Liebe zu spüren und zu geben – auch dir selbst gegenüber.
Professionelle Hilfe kann nützlich sein, denn negative Glaubenssätze über Beziehungen verursachen Leid
Überzeugungen können ganz schön tief sitzen. Leidvoll. Eventuell brauchst du ein Coaching oder auch eine Therapie zur Unterstützung von außen. Besonders, wenn die Gedanken nicht nur deine Beziehung verschlechtern, sondern dein Leben insgesamt beeinträchtigen. Sei gut zu dir!
Meine Podcastempfehlung zum Thema
Die Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin Franca Cerutti hat, gemeinsam mit ihrem Mann Christian, eine sehr hilfreiche Podcastfolge zum Thema aufgenommen. Sie beschreibt sehr anschaulich u.a. die Folgen negativer Glaubenssätze für (die) Beziehung(en), z.B. bei
- Spotify: Podcast Psychologie to go! Glaubenssätze, die deine Beziehungen ruinieren (und wie du sie loslassen kannst) oder bei
- Apple Podcasts: Glaubenssätze, die deine Beziehung ruinieren können (und wie du).
Mein Buchtipp zum Thema Glaubenssätze, die Beziehungen verschlechtern
Stefanie Stahl: Das Kind in dir muss Heimat finden*
Schwierige Prägungen aus der Kindheit erkennen und umwandeln: sehr praxisnaher und verständlicher Bestseller auf wissenschaftlicher Basis.
[fuss]