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Wie verzeiht man seinem Partner oder seiner Partnerin?

Wie verzeiht man

Inhalt

Wenn dein Lieblingsmensch dich gekränkt, verletzt oder ungerecht behandelt hat oder untreu war, dann ringst du wahrscheinlich mit intensiven Emotionen wie Wut, Trauer und Angst, bis hin zu Rachegefühlen. In meiner Paarberatung höre ich in diesem Zusammenhang häufig die Frage: „Wie verzeiht man?“

Wichtig zu wissen: Verzeihen ist ein Versuch, es gelingt nicht auf Knopfdruck”. Das Gute ist: Verzeihen kann man lernen – unter bestimmten Voraussetzungen. Ich zeige dir in diesem Beitrag, wie das geht und mache deutlich, was Verzeihen in der Partnerschaft wirklich bedeutet.

Was ist Verzeihen?

Bevor wir uns fragen, wie man verzeiht, sollten wir wissen, was unter Verzeihen zu verstehen ist und wozu ein Verzeihen gut ist: Was ist das Ziel?

Was sind die Merkmale einer Verzeihung?

Gleich zu Beginn kommt vielleicht schon der der wichtigste Aspekt des Verzeihens ins Gespräch, der dir möglicherweise gar nicht so bewusst ist: Verzeihen ist ein Prozess, den du als Partnerin oder Partner für dich selbst durchläufst.Vergeben ist kein gemeinsamer Prozess eines Paares.

Daneben kann dein Partner oder deine Partnerin dich, wenn er oder sie dir Unrecht getan hat, um Verzeihung bitten – als Entlastung und Stressabbau für sich selbst. Er oder sie kann sich also bei dir als Partnerin oder als Partner entschuldigen. Aber du musst dem anderen nicht verzeihen. Der Mensch an deiner Seite kann deine Vergebung nach seinem Fehlverhalten bei dir nicht einfordern. Der Prozess des Verzeihens geschieht bewusst und vor allem freiwillig.

Wozu verzeihen wir?

Schauen wir zunächst einmal, was passiert, wenn wir im Misstrauen, in der Enttäuschung oder gar der Wut bleiben. Diese tiefen Gefühle lenken unseren Blick weg von der Angst, weiter verletzt oder sogar verlassen zu werden. Dafür zahlen wir gleichzeitig einen hohen Preis. Wir lösen den Schmerz nicht auf. Ja, wir geben die Verantwortung für die Auflösung sogar an den Partner oder die Partnerin ab.

Durch Verzeihen entlastest du dich als die verletzte Person selbst. Ohne Verzeihen ist ein Neubeginn nicht möglich. Du für dich und ihr als Paar überwindet damit das Rabattmarkenkleben” mit Sätzen wie „Du hast Schuld, weil …“ und „Aber das war ja nur, weil du …“

Ziel ist des Verzeihens ist es, das Geschehen, die Vergangenheit, zu bewältigen und von vorne anzufangen. Konkret heißt das, negative Reaktionen gegenüber dem Partner oder der Partnerin zu verringern und allmählich wieder positiv auf den anderen reagieren zu können.

Verzeihen meint allerdings kein Vergessen oder Leugnen. Wichtig ist, dass du, wie oben gesagt, bewusst einen Schritt hin zu einem Neuanfang machst. Und zwar im Bewusstsein, dass etwas passiert ist, das du nicht gutheißt, aber über überwinden möchtest. Verzeihen meint nicht zu vergessen, sondern auf Vorwürfe zu verzichten. Die Beziehung ist danach nicht mehr dieselbe sein wie vorher. Ihr habt gemeinsam eine Ehekrise bewältigt und seid daran gewachsen, habt euch weiterentwickelt.

Wie verzeiht man?

Dem Partner oder der Partnerin zu vergeben, fällt leichter, wenn wir uns deutlich machen, dass Verstehen nicht Verständnis heißt. Verstehen bedeutet, die Sache nachvollziehen zu können. Verständnis würde implizieren, den Vorfall zu entschuldigen. Du kannst also verzeihen, ohne zu entschuldigen, was passiert ist.

Kleine Verletzungen lassen sich durch Großzügigkeit überwinden

Wenn die Sache, die dein Partner oder deiner Partnerin dir angetan hat, nicht so gravierend ist, braucht es nicht zwingend ein großes Vergebungsritual. Eine Alternative zum Verzeihen bei weniger schwerwiegenden Ereignissen kann eine nachsichtige Haltung sein. Die kann sich beispielsweise in einem Satz fokussieren, wie „Es ist alles menschlich …“ Denn kleinere Verletzungen gehören zum Alltag jeder Beziehung. Dabei hilft es, dem anderen mit Wohlwollen zu begegnen.

Größere Verletzungen sollten nicht erduldet, sondern bewältigt werden

Selbst größere Verletzungen passieren in Beziehungen aller Art – und eben auch in Partnerschaften. Diese Verletzungen können durch das große Ganze, das Gute in der gesamten Beziehung relativiert werden. Das braucht Stärke und die Fähigkeit zur Toleranz. Du verzichtest bewusst auf Vorwürfe und versucht nach und nach deinen Ärger zu überwinden mit der Absicht, diese negativen Gefühle zu verarbeiten und hinter dir zu lassen. Du verlässt deine passive Haltung und kommst aus der Ohnmacht heraus. So gewinnst du an Kontrolle über dein Erleben, indem du daran arbeitest, das Verhältnis zu deinem Partner oder deiner Partnerin aktiv wieder zu verbessern – für dich selbst.

Wie man verzeiht, hängt auch von der Persönlichkeit ab

Manchen Partnern oder Partnerinnen fällt es leichter als anderen, zu verzeihen. Personen, die emotional stabiler sind als andere und die weniger grübeln, haben es mit dem Vergeben leichter. Hilfreich ist auch, ein nicht so großes Bedürfnis nach Gerechtigkeit zu haben.

Wo die Grenze deines Verzeihens liegt

Du solltest nicht das Gefühl haben, dass du immer nachgibst, etwas erduldest oder viel häufiger oder mehr verzeihst als dein Partner oder deine Partnerin. Und du hast das Recht, verletzt zu sein. Spätestens wenn ein und dieselbe tiefe Kränkung ein drittes Mal stattfindet, hat das wahrscheinlich auf längere Sicht Auswirkungen auf dein Erleben.Das kann entweder dazu führen, dass du unzufrieden und mürbe wirst, oder dass du den anderen „klein machst“ und dich selbst als überlegen empfindest, weil du dich für die moralisch bessere Person hältst. Beides schadet nicht nur dir, weil du nicht auf Augenhöhe mit deinem Partner oder deiner Partnerin bist, sondern aus demselben Grund auch eurer Beziehung.

Und es gibt einen weiteren Grund, auf die Grenzen des Verzeihens zu achten: Wenn du zu viel verzeihst, merkt dein Partner oder deine Partnerin gar nicht so ausdrücklich, dass er etwas getan hat, für das er oder sie sich verantwortlich fühlen sollte. Und du verlierst an Selbstachtung. Das Motiv dahinter kann Angst vor Konflikten sein: Alles soll wieder gut sein.

4 Schritte der Vergebung

Viele Menschen möchten gerne verzeihen, um damit dem Partner oder der Partnerin auch wieder neu vertrauen zu können. Aber wie verzeiht man eigentlich? Wie sieht der Weg der Vergebung aus?

1. Gefühle annehmen

Verzeihen beginnt damit, dass du deine Gefühle annimmst. Das ist nicht leicht. Du solltest aber das verletzende Ereignis durchleben, ohne es zu verdrängen. Dabei darfst und solltest du auch deine eigene Verletztheit gegenüber deinem Partner oder deiner Partnerin äußern, um deutlich zu machen, dass dir das Geschehene weh tut. Hierzu gehört auch, Grenzen zu setzen und deine Werte zu benennen. Hier kannst du ruhig deutlich werden: „So geht es nicht!“

2. Entscheidungsprozess

Mache dir deutlich, was für dich dafür und was dagegenspricht, deinem Partner oder deiner Partnerin zu verzeihen. Wenn die Pro-Argumente überwiegen, kannst du vergeben. Deine Entscheidung darf auch mit Zweifeln verbunden sein. Du musst nicht hundertprozentig sicher sein, dass ein Verzeihen das Richtige ist.

3. Versuchen zu verstehen

Wenn du versuchst, die Umstände und Zusammenhänge zu verstehen, die dazu geführt haben, dass dein Partner oder deine Partnerin dich gekränkt hat, dann kannst du bis zu einem gewissen Grad sogar Empathie für den verletzenden Partner oder die Partnerin entwickeln. Vielleicht hätte dir dasselbe in der Situation auch passieren können …? Dafür ist es unabdingbar, dass du das Gespräch suchst und mit dem anderen über das redest, was passiert ist und wofür das Ereignis ein Symptom sein könnte. Beim Reflektieren und Bewältigen kann dir auch eine Paarberatung zur weiteren Beziehungspflege hilfreich sein.

4. Akzeptanz

Am Ende steht, dass du das, was mit euch passiert ist, als unumkehrbar akzeptierst. Es wird von jetzt an zu deiner Lebensgeschichte gehören. Das anzuerkennen als eine Möglichkeit der Weiterentwicklung für dich und für euch, kann dich wieder gestärkt in die Zukunft blicken lassen. Nicht wenige Paare, die ich im Prozess des Verzeihens kennenlernen und begleiten durfte, sagen, dass ihre Partnerschaft durch das Verzeihen reifer geworden ist.

Ein abschließender Gedanke

Das Konzept des emotionalen Beziehungskontos ist sehr nützlich, um über eine Balance in der Beziehung nachzudenken. Gleichzeitig ist Gerechtigkeit in Liebesdingen nicht durchweg ein hilfreicher Maßstab. Und was ist schon gerecht? Du kannst es sogar ganz anders betrachten: Ein Aufrechnen kann auch sehr ungerecht sein. Auch dir selbst gegenüber …

Kennst du die Geschichte von den Tieren, die alle dieselbe Aufgabe erfüllen sollen: auf einen Baum klettern, damit es gerecht zugeht? Der Affe und die Schlange werden den Baum mit Leichtigkeit erklimmen können. Auch ein Vogel hat es leicht. Und das Nashorn? Der Elefant? Der Seelöwe und die kleine Sardine?

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Dieses Workbook kann in der Vorbereitung oder begleitend zu einem Prozess des Verzeihens in der Partnerschaft hilfreich sein. Du findest hier Denkanstöße hin zu einer neuen und hilfreichen Orientierung. Das Reinschreibbuch umfasst Geschichten, Impulse und Übungen zum Umdenken. Denn in einer Krisensituation kann ein Perspektivwechsel entscheidend sein, um neu und anders auf das zu gucken, was dich verletzt hat.

Seid gut zu Euch!

Herzliche Grüße

Maren Sörensen

Diplom-Pädagogin und systemische Therapeutin (SG). Ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne, zwei Schwiegertöchter und vier Enkelkinder. 

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