Um als Paar in schwierigen Zeiten zusammenhalten zu können, bedarf es Strategien. Denn äußere Faktoren, die zu Stress in der Partnerschaft führen, aber außerhalb der eigenen Kontrolle eines Paares liegen, können die Beziehung belasten. Hier meine Tipps, wie du Stress in der Partnerschaft bewältigen kannst, damit deine Beziehung Krisen übersteht.
Stress in der Partnerschaft bewältigen, damit ihr in schwierigen Zeiten zusammenhalten könnt
Äußere Herausforderungen, Belastungen und Krisen, wie Probleme am Arbeitsplatz, finanzielle Sorgen, Familienprobleme und Kindererziehung, soziale Verpflichtungen, gesundheitliche Probleme, gesellschaftlicher Druck, Zeitmangel und auch externe, z.B. politische Krisensituationen, verunsichern die meisten Menschen und führen zu Spannungen. Viele Paare sind dadurch massiv belastet.
Wenn du dich in der Partnerschaft übermäßig herausgefordert fühlst, kann das, neben vielem anderen, auch an deiner ganz persönlichen Stressreaktion liegen. Zunächst geht es daher darum, dass du dich selbst im Blick hast: Wie ist meine Befindlichkeit gerade?
Bei Stress in der Partnerschaft kochen außerdem Konflikte oder Streitigkeiten in Partnerschaften schnell hoch, weil du, dein Partner oder ihr beide belastet sind. Die Nerven liegen blank.
Niemals ist eines alleine die Ursache für Stress. Ein Faktor beeinflusst den anderen. Ich zeige dir Möglichkeiten, wie du und ihr zu zweit Stressreize, sogenannte Stressoren, bewältigen könnt. Lass uns mal genauer hinsehen:
2 Bewältigungsstrategien bei Stressreizen
Wenn wir Stress bewältigen wollen, haben wir Menschen, laut dem Psychologen und Forscher Richard Lazarus, zwei Möglichkeiten, auf die wir zugreifen können, um mit der Krisensituation hilfreich umgehen zu können. Meist bedienen wir uns beider.
1.Problemzentrierte Stressbewältigung: Ändert die Stressreize
Alle Dinge, die ihr gemeinsam unternehmt, um eure direkte, persönliche Belastung oder Bedrohung durch die Stresssituation und ihre Folgen zu verringern, werden euch entlasten – euch selbst, aber auch eure Beziehung.
Ihr könnt
- Belastungen und Bedrohungen verringern durch direktes Handeln
Die Last lässt sich verringern, indem ihr dafür sorgt, dass eine beginnende Auseinandersetzung nicht eskaliert. Insbesondere Konflikte, die schon lange in eurer Beziehung schwelen, solltet ihr nicht gerade dann auf den Tisch des Hauses legen, wenn der äußere Druck groß ist. - Euch von Bedrohung distanzieren
Hier geht es darum, zu unterscheiden, was euch betrifft und was nicht: Es hilft zu erkennen, welche Dinge ihr ändern könnt und welche nicht. Worauf habt ihr unmittelbar Einfluss? Lasst euch beispielsweise nicht von den allgegenwärtigen Meldungen zu Krisen in der Politik aus den Medien gefangen nehmen. Es ist meist besser, sich zweimal täglich über den aktuellen Stand der Dinge zu informieren, als auf jede Push-Nachricht einzugehen. - Nach Alternativen zu direktem Handeln und Distanz suchen
Wo könnt ihr Kompromisse schließen? Das kann bei Stress in der Partnerschaft eine gute Lösung sein, um in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten. Geh also nicht mit deinem Partner oder deiner Partnerin in Konfrontation, verschließe aber auch nicht die Augen vor Dingen, die jetzt wichtig sind. - Weiterem Stress durch Psychohygiene vorbeugen
Die Frage ist: Was stärkt euch beide? Diesem Aspekt habe ich weiter unten einen eigenen Abschnitt gewidmet.
Aber: Mach aus der Stressbewältigung keinen neuerlichen Stress!
Wenn du wartest, bis alles erledigt ist, um dich auszuruhen, wirst du dich nie ausruhen.«
KC Davis
2. Emotionszentrierte Stressbewältigung: Kümmert euch um euer Befinden
Ohne direkt auf den Stressreiz einzugehen, können wir gut für unser Empfinden, für unsere Gefühlslage sorgen. Hier geht es darum, aktiv zu werden, indem wir an uns selbst und unserem Zusammenhalt arbeiten.
Selbstfürsorge
Wenn du dich nicht um dich selbst kümmerst, könnte irgendwann deine Beziehung genau daran zerbrechen – auch und besonders in stressigen Zeiten. Und übrigens: Selbstfürsorge in der Beziehung ist kein Egoismus.
Es gibt 7 Lebensbereiche der Selbstfürsorge:
- Ernährung (auch: gemeinsame Mahlzeiten)
- Spiritualität (Glaube, Visionen für die Zukunft)
- Soziale Kontakte (auch auf digitalem Weg)
- Bewegung (z.B. Gymnastik in der eigenen Wohnung)
- Beratung und Therapie
- Kreativität (z.B. Hobbys, Basteln, Schreiben, Spielen, …)
- Entspannung (dazu gehört auch ausreichend Schlaf)
Welche der obigen Lebensbereiche berücksichtigt ihr, um in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten?
Weitere Strategien, damit eure Beziehung gegen den Stress gewappnet ist
- Geplante Ablenkung
Hierzu gehört, sich bewusst auch anderen Dingen zuzuwenden als dem Thema, das gerade schwierig ist. Lenkt also eure Gesprächsthemen auf andere Dinge als auf dieses Thema und eure damit verbundenen Sorgen oder den Ärger – am besten schon bevor es euch zu viel wird. Auch die gezielte Beschäftigung mit dem Partner kann der Stressbewältigung dienen. Wann habt ihr trotz allem Zeit für gemeinsame Hobbies und Interessen, die sonst im Paaralltag häufig zu kurz kommen? - Klare Regeln
Wenn ihr als Paar eher spontan seid, flexibel reagiert und improvisiert, könnte euch das jetzt überfordern. Wenn ihr Stress habt, dann braucht ihr mehr Absprachen über Ordnung und Struktur: Wer hat wo welchen Raum für Arbeit, Freizeit und Lebensfreude – trotz allem? Welche Dinge haben welchen Platz, welche klaren Regeln habt ihr, damit ihr euch beide wohlfühlt? - Toleranz
In Stresssituationen sorgen oft unterschiedliche Vorstellungen über Zuständigkeitsbereiche, Verantwortungsübernahme, Ordnung und Tagesabläufe für Konflikte. Die Bedürfnislage beider Partner kann bei Stress nahezu konträr sein. Ein Beispiel: Wer aus dem Job zurück ins gemeinsame Heim kommt, wünscht sich eher Ruhe und Ordnung als derjenige, der zu Hause bei den Kindern und/oder im Homeoffice ist. Letzterer erwartet eher Unterstützung und Anregung und Ablenkung vom Stress durch den Partner oder die Partnerin. Dieses unterschiedliche Erleben erfordert Verständnis und Toleranz, um in schwierigen Zeiten zusammenhalten zu können. Denn gerade in stressigen Zeiten gilt nicht nur für die Partnerschaft: Geht großzügig miteinander um, denn wahrscheinlich seid ihr beide gereizt und dünnhäutig. Bei Stress ist es in der Partnerschaft besonders wichtig, über eine möglicherweise scharfe Bemerkung, eine vergessene Aufgabe oder die nicht zusammengelegte Wolldecke hinwegzusehen.
Fragt euch:
- Was ist gerade – trotz all der Belastungen – auch gut für uns beide?
- In welchen Bereichen konnten wir in schwierigen Zeiten sonst gut zusammenhalten?
- Wofür können wir unsere aktuelle Situation auch nutzen?
Vermutlich wird euch eine Mischung verschiedener Strategien helfen damit eure Partnerschaft dem Stress standhält.
Weitere Tipps für psychische Stabilität findest du bei SinndesLebens24, dem Online-Magazin für den Sinn des Lebens, Philosophie, Glück und Motivation.
Beziehungsstress vermeiden – Partnerschaft und Krisen als riskanter Cocktail
Wenn ihr euch gegenseitig auf den Geist geht: Macht euch zunächst klar, dass ihr euch in belasteten Zeiten in einem anderen Alltag befindet: in einer mehr oder weniger deutlichen Ausnahmesituation. Je besser jeder Partner für sich sorgt, desto mehr Stärke besitzt er, um einer Krise in der Partnerschaft zu begegnen und in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten.
Und etwas Grundsätzliches ist auch jetzt wichtig zu wissen: Streitigkeiten basieren meist auf Missverständnissen, nicht auf der Boshaftigkeit des anderen. Eine Beziehung braucht also auch bei äußeren Herausforderungen Nachsicht mit den Stressreaktionen des Partners. Fehlende Wertschätzung in der Partnerschaft macht alles nur schlimmer.
Folgende Strategien sind nützlich, damit eine Beziehung Stress übersteht:
Keine Konfliktthemen ansprechen, wenn die Situation belastend ist
Wichtig ist es, Partnerschaftskonflikte zu entschärfen: nicht insistieren oder beharren, sondern dem Thema Raum geben, wenn ihr beide Ruhe habt und nicht aus der akuten Betroffenheit heraus reagiert.
Stopp-Signale vereinbaren
Ich empfehle, ein Codewort zu vereinbaren, das ihr dann verwendet, wenn eine Meinungsverschiedenheit oder ein Stressreiz aus dem Ruder zu geraten droht. Das könnte so etwas sein wie “Simsalabim” oder “Hollywoodschaukel” oder “Gurkensalat”. Es sollte ein Wort sein, das ihr nicht regelmäßig verwendet und das euch ganz deutlich macht: jetzt sollten wir aufhören!
Räumlicher Abstand
Ein zeitlich befristeter räumlicher Abstand voneinander kann verhindern, dass Streit eskaliert. Auch in der Wohnung ist das möglich. Und sogar in den allerkleinsten Wohnungen kann man sich noch umdrehen: sich so setzen, dass man sich den Rücken zuwendet, um sich nicht zu sehen. Hört sich vielleicht komisch an, hilft aber, wieder zu sich zu kommen.
Einander richtig zuhören
Dem anderen seine Meinung zu lassen, verhindert den Kampf um Recht, Schuld und damit verbundene Rechtfertigungen. Führt gerade jetzt Zwiegespräche mit klaren Regeln: sich offenbaren und zuhören, ohne zu bewerten und zu diskutieren. Wenn dein Partner oder deine Partnerin dir von Belastungen oder Stress erzählt, sei zugewandt: Höre zu, ohne zu unterbrechen, ihn oder sie zu kritisieren oder Vorwürfe zu machen. Es reichen zwei Fragen, damit du deiner Partnerin besser zuhören kannst.
Über dieses Thema lohnt es sich zu reden: In welchen Bereichen fühlt ihr euch jetzt (trotz allem) verbunden?
Keine wichtigen Entscheidungen für die Partnerschaft treffen
Stellst du dir die Frage: Soll ich in der Beziehung bleiben oder gehen? Eine Trennung, den Verkauf eures Hauses oder andere wichtige Dinge, die euer Zusammenleben betreffen, sollte ihr nicht entscheiden, wenn es ihr viel Stress habt. Angst und Sorge sind für diese Dinge keine guten Ratgeber. Vertagt die Themen.
Sich Hilfe holen
Stresssituationen und die damit verbundenen Belastungen sind nicht immer ganz einfach zu bewältigen. Eine Beratung oder ein Coaching kann da entlasten. Ein Blick von außen und Expertentipps wirken!
Ich unterstütze dich und euch gerne. Eine Paarberatung oder ein Beziehungscoaching ist bei mir online per Video oder Telefon möglich.
Kontaktstellen, an die du dich wenden kannst, solltest du oder sollten andere in Not sein:
2 Fragen können euch grundsätzlich in der Partnerschaft im Stress beim Sortieren helfen:
- Ist mein Befinden/ unser Streit eine aktuelle Stressreaktion?
- Oder ist es ein Thema, das wir als Paar in Ruhe klären sollten?
Angst und Ohnmacht überwinden und in schwierigen Zeiten zusammenhalten
Die größte Waffe gegen Stress ist unsere Fähigkeit, einen Gedanken dem anderen vorziehen zu können.
William James
Akzeptiere, was du nicht ändern kannst
Dinge passieren, die du nicht kontrollieren kannst. Das ist etwas, was wir Menschen an verschiedenen Stellen akzeptieren müssen. Und etwas loszulassen und Kontrolle abzugeben ist sehr schwer. Doch es verhindert, dass du gegen Windmühlen kämpfst. Akzeptanz meint, eure Möglichkeiten anzunehmen: Was können wir kontrollieren und was nicht? Worauf haben wir einen Einfluss? Worauf nicht? Das gilt übrigens auch für den Menschen an deiner Seite und seine Eigenarten: aus der Ohnmacht kommst du heraus, wenn es dir gelingt, den Partner zu akzeptieren wie er ist.
Achtet auf die Möglichkeiten: der Angst etwas entgegensetzen
Das Wenige, das du tun kannst, ist viel.
Albert Schweitzer
Es ist wichtig, sich im Stress weiterhin als handelnde Person zu erleben und nicht als Opfer von Umständen. Und zwar egal, wie belastend oder unverständlich deine Lage auch sein mag – es gibt immer mehr als nur zwei Optionen. Wie jede Münze auch (mindestens) drei Seiten hat. Den Rand vergessen wir nur manchmal … Die Frage ist daher: Welche Option ist für dich und euch die passende? Was macht euch gerade Mut und lässt euch in schwierigen Zeiten zusammenhalten und gemeinsam zuversichtlich sein?
Einmal kurz in den Arm nehmen und euch so Nähe schenken, könnt ihr doch eigentlich immer, oder?
Und ihr könnt Rituale erhalten. Ein fester Tagesablauf gibt Struktur und Beständigkeit und setzt Unsicherheit und Angst etwas entgegen.
Übernimm Verantwortung für dich und deine Partnerschaft. Steck den Kopf nicht in den Sand. Frage dich, womit du dich befassen möchtest und wie gut dir das tut (oder eben nicht). Jetzt gerade tun nicht alle Nachrichten, Ereignisse in der Nachbarschaft oder Todesanoncen gut (zumindest nicht pausenlos).
Übrigens: Was könnte dir schlimmstenfalls passieren? Im schlimmsten aller Fälle? Wenn es für dich persönlich ganz, ganz katastrophal wird? Wenn du diese Frage konsequent zu Ende denkst, dann kannst du für die Antwort eine Lösung finden. Angst, Sorge und Belastungen kannst du immer dann bewältigen, wenn du eine Idee dazu hast, was du tun kannst.
Wenn du schon häufiger etwas von mir gelesen hast oder meinen Liebesbrief abonniert hast, kennst du meinen guten Wunsch für dich und deinen Partner – der gilt bei Stress ganz besonders: Seid gut zu euch!
Also: Wie könnt ihr euch als Partner in euren Sorgen und Ängsten mit Verständnis begegnen?
Gelassen bleiben
Glücklich sein heißt nicht, das Beste von allem zu haben, sondern das Beste daraus zu machen.
Unbekannt
Entspannt, zuversichtlich und ausgeglichen zu bleiben meint nicht, dass ihr Stress ignoriert. Nein, er ist euch sicher nicht wurscht. Und deshalb könnt ihr aktiv und produktiv in eurer Partnerschaft in schwierigen Zeiten zusammenhalten.
Aus meiner Erfahrung in der Paarberatung sind die folgenden beiden Aspekte für einen gelassenen Umgang miteinander (nicht nur in Krisensituationen) besonders wichtig:
Keine zu hohen Erwartungen an sich selbst und an den Partner haben
Du musst jetzt gar nichts. Auch dein Partner nicht. Ihr beide gemeinsam schon gar nicht. Das “Musturbatieren” könnt ihr jetzt noch viel mehr vergessen als sonst. Lasst es euch gut gehen und verzichtet auf Perfektion. Es könnte der Beginn einer lebenslangen Freundschaft werden … Wenn du jetzt mal Fertigpizza kaufst – was soll’s? Und wenn dein Partner den Rasen aktuell nur alle zwei Wochen mäht – freu dich mit ihm! Das perfekte Dinner und der englische Rasen können warten.
Der Gedanke: „Nichts ist für immer“ hilft, um in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten
Kennst du den “Schmunzelpunkt”? Nein, nicht den Schmunzelhasen, der ist ja lila …;-) Der Schmunzelpunkt für deinen, seinen und/oder euren Stress kann der Januar sein, oder ein Sommertag bei einem Glas Wein. Es ist der Moment, an dem du gemeinsam mit deinem Partner auf die Zeit der Krise zurückschaust und von dem aus ihr mit einem leichten Lächeln und mit Zufriedenheit zurück schaut auf die schwierigen Zeiten: “Weißt du noch, … als wir uns damals zwei Tage nacheinander an Schokolade satt gegessen haben, weil keiner von uns Zeit und Energie zum Kochen hatte …?” oder “… einmal haben wir uns so dumme Sachen an den Kopf geworfen, dass wir am nächsten Tag über uns selber lachen mussten … auch wenn uns gleichzeitig gar nicht danach zumute war ….”
Ach, du hättest gedacht, ich schreibe hier von Trennung? So kann man sich irren … 😉
Als Paar etwas ganz anderes machen – weil oder trotz Stress
Man kann dem Menschen alles nehmen, nur nicht: Die letzte menschliche Freiheit, sich zu den gegebenen Verhältnissen so oder so einzustellen.
Viktor Frankl
Macht einmal etwas ganz anderes als sonst. Stress braucht kreative Ideen für die Partnerschaft. Das befreit den Kopf. Ihr könnt etwas vollkommen Ungewöhnliches oder sogar Verrücktes zu tun, um in schwierigen Situationen den Zusammenhalt zu stärken. Und nein, das ist kein Widerspruch zu dem, was ich über Struktur und Routinen geschrieben habe.
Geht im Regen spazieren (dann sind nämlich die Schaukeln frei) oder mit der Taschenlampe nachts durch den Wald. Macht eine Mutprobe. Was, das überlasse ich jetzt eurer Fantasie. Und habt ihr schon mal im Winter in eurem Strandkorb gesessen, einen Schaumkuss von unten gegessen und mit den Füßen am Kopfende geschlafen? Und euch dabei erzählt, was euch früher an Dr. Sommer in der Bravo so interessiert hat?
Was fällt euch ein?
Konzentriert euch jeden Tag auf eine Kleinigkeit, die euch guttut und auf etwas, das ihr an einander liebt und schätzt.
Tägliche Fragen könnten lauten:
- Wofür sind wir heute dankbar?
- Wie können wir uns heute Bewegung verschaffen?
- Welche Erwartung an einen “normalen” Alltag können wir heute loslassen?
Psychohygiene für die Partnerschaft im Stress: Möglichkeiten, als Paar schwierige Zeiten gut zu überstehen
Der amerikanische Psychologe und Forscher der Positiven Psychologie, Martin Seligman, sieht das Ziel der Bewältigung einer Belastungssituation nicht darin, nicht zu leiden, sondern Wohlbefinden herbeizuführen. “Säulen” oder Aktivitäten, die zu Wohlbefinden führen, stellt er mit dem Akronym “PERMA” dar:
- P wie Positive Gefühle
- E wie Engagement
- R wie Positive Beziehungen (engl.: Relationships)
- M wie Sinn (engl.: Meaning)
- A wie Zielerreichung (engl.: Accomplishment)
Wer mehr über diese fünf Säulen des Wohlbefindens wissen möchte, findet in Seligmans Buch Wie wir aufblühen: Die fünf Säulen des persönlichen Wohlbefindens* interessante Erläuterungen über das, was zu einem glücklichen Leben führt.
Frage dich doch mal: Was würde eure Situation jetzt (trotz des Stresses) bereichern? Und was hindert euch daran, das zu tun?
Selbstmitgefühl
Wenn euer Alltag und damit auch eure Partnerschaft durch die Krise gerade durcheinander gewirbelt wird, dürft ihr gerne auch Mitgefühl mit euch haben.
Selbstmitgefühl statt Selbstverurteilung (Nicht: „Ich sollte belastbarer sein.“, „Ich bin ein*e schlechte*r Partner*in.“) Aber: Es geht nicht um Selbstmitleid, das fühlt sich nur klein und hilflos an. Selbstmitgefühl dagegen macht deutlich: Es ist gerade nicht leicht.
Und macht es euch bewusst: Nichts ist für immer. Die Krise geht auch wieder vorbei. Der Stress hat irgendwann ein Ende. Und noch? Ihr seid nicht allein von Druck betroffen. Es geht vielleicht hundert Millionen Paaren in vielen Ländern der Welt genauso. Mehr zum Thema Selbstmitgefühl gibt es im gleichnamigen Buch von Kristin Neff*.
Dankbar sein
Dankbarkeit bringt euch in einen besseren Zustand. Damit verändert ihr unmittelbar eure Wahrnehmung. Je mehr ihr das übt, desto besser wird es euch gelingen. Dann seid ihr auch für zukünftige Krisensituationen gewappnet.
Macht euch bewusst, was auch oder gerade im Stress bei euch beiden gut funktioniert. Das ist der Weg zu Dankbarkeit. Und dazu gehören auch die vielen täglichen “Kleinigkeiten”, denn sie sind keinesfalls selbstverständlich.
Macht euch klar, wofür ihr eurem Partner dankbar seid – und teilt es ihm mit:
- Was ich an dir liebenswert finde …
- Warum es schön ist, mit dir zusammen zu sein …
Einander Freiräume schaffen
Zeitlicher Freiraum
Partner müssen nicht alle 24 Stunden des Tages miteinander teilen. Gerade wenn Stress die Partnerschaft regiert, tragen Ich-Zeiten und Alleinsein viel zum Kraftschöpfen bei. Das bedeutet: Freiraum nehmen, geben und vereinbaren – ohne den Partner vor den Kopf zu stoßen.
Räumlicher Freiraum
Wenn euer Alltag durch Sorgen und Ängste, viel Arbeit oder durch gesellschaftliche Krisen anders abläuft, wird euch mehr Raum gut tun. So schaffst du dir und deinem Partner Freiräume.
Manchmal nervt nämlich auch der liebenswerteste Herzensmensch. Dann kann es hilfreich sein, sich einfach nur einmal umzudrehen, um den anderen nicht ständig “im Blick” zu haben – physisch wie geistig. Ihr könnt manchmal besser mit etwas Distanz und manchmal sogar besonders gut mit Abstand in schwierigen Zeiten zusammenhalten.
Geistiger Freiraum
Gerade wenn die Lage angespannt ist, führen unterschiedliche Vorstellungen häufig zu Streitigkeiten. Und die bringen keine Ergebnisse. Auf den Partner einzureden, um ihn schließlich doch von den eigenen Gedanken zu überzeugen, führt zu nichts.
Du kannst unnötige Streitigkeiten vermeiden, wenn du dem anderen seine Sichtweisen (z.B. über militärische Einsätze oder die Nützlichkeit von Thermomix-Geräten) lässt. Denn du wünschst dir sicher auch von deinem Partner geistigen Freiraum. Hier hilft der Satz “Da sind wir beide anderer Meinung”, um einander mit Wertschätzung zu begegnen, wenn es in der Partnerschaft unterschiedliche Vorstellungen gibt.
Einander in der Partnerschaft nah sein – trotz Stress
Gerade bei Belastungen und in einer Krise brauchen wir Nähe und Halt. Einandern nah zu sein, zeigt sich auf körperlicher Ebene ganz besonders. Und noch mehr, wenn ihr Zärtlichkeiten ohne das Gefühl von Verpflichtung ausübt. Es muss klar sein, dass eine Umarmung nicht gleich beim Sex endet. Das ist in der Partnerschaft grundsätzlich wichtig – und bei Stress besonders. Dann könnt ihr euch nämlich entspannt auf einander einlassen. Beim Slow Sex geht es genau um diese intensive Nähe – und zwar ohne Leistungsdruck. Was Slow Sex ist, liest du in meinem Interview mit Yella Cremer.
Bei körperlicher Nähe wird das “Kuschelhormon” Oxytocin ausgeschüttet, das für eine tiefe Verbindung sorgt. Nutzt daher die (wenige) Zeit und Ruhe, die ihr habt, für schöne Momente des Beisammenseins, wie beispielsweise
- sich gegenseitig massieren
- gemeinsam in die Badewanne gehen
- euch unter der Dusche gegenseitig einseifen
- auf dem Sofa zu füßeln
Euch wird sicher noch mehr einfallen. Einfach tun macht erfinderisch.
Den anderen entlasten
Beantwortet euch bewusst die Fragen:
- Wo kann ich dich entlasten?
- Wo kannst du mich entlasten?
- Wie können wir einander jetzt beistehen und in diesen schwierigen Zeiten zusammenhalten?
Sich gemeinsam stärken
Belastungen könnt ihr nutzen, um das zu üben, was Psychologen “Reframing” nennen: die Dinge umdeuten und sie neu rahmen, um sie anders betrachten zu können. Sagt euch jetzt nicht: “Mist, nun haben wir gar keine Zeit mehr für uns”, sondern überlegt zusammen: “Wie können wir die Zeit, die uns zur Verfügung steht, nutzen? Was können wir aus unserer Lage Gutes machen?”
Eine Möglichkeit besteht beispielsweise im “Umfreuen”: enttäuscht sein, aber es nicht bleiben.
Und fragt euch ganz allgemein auch:
- Was macht uns stark und erhält unsere Beziehung?
Übrigens können auch schöne Worte Stärke geben, um in schwierigen Zeiten zusammenhalten zu können: 25 Zitate, die dir jetzt Kraft geben.
Eine Belastungssituation als Chance für ein neues Bewusstsein in der Partnerschaft
Äußere Krisen bedeuten die große Chance, sich zu besinnen.
Viktor Frankl
Innehalten
Im Stress und in einer Krise stecken immer auch Gelegenheiten. Sonst wären es Katastrophen, die ein Desaster hinterlassen – und kein Stress und keine Krise. Das chinesische Wort für Krise besteht aus zwei Zeichen: dem für Gefahr oder Risiko und dem für Chance. Zeiten von Überforderung bergen damit für dich und eure Partnerschaft die Möglichkeit, innezuhalten und zu erkennen, was dir und euch im Leben wirklich wichtig ist. Das heißt auch: Was an deiner Partnerschaft und deinen anderen Beziehungen ist dir eigentlich besonders wichtig? Diese Frage ist eine, mit der du dich sicher ein wenig länger beschäftigen kannst.
Wenn in Krisenzeiten das Alte nicht mehr gilt und wir das Neue noch nicht kennen, richten wir unseren Fokus (aus Mangel an Alternativen) auf die Möglichkeiten, die im aktuellen Augenblick liegen und nähern uns damit kindlichem Erleben: in der Gegenwart sein, Bedeutung spüren.
Mich inspiriert zum Thema gerade ein Buch – vielleicht ist es auch etwas für dich oder sogar für euch gemeinsam: Natalie Knapp, Der unendliche Augenblick*. Es geht darum, was Zeiten des Übergangs so wichtig macht. Die Autorin plädiert in ihrem Buch dafür, in Krisensituationen, bei Schicksalsschlägen und in Zeiten des Übergangs hin zu etwas Neuem diese Phase nicht möglichst schnell hinter sich bringen zu wollen. Natalie Knapp verwendet hier das Bild der Jahreszeiten: im Winter erneuert sich das Leben. Wir brauchen den Winter um uns auf das Frühjahr zu freuen.
Wachsen und zusammenhalten in schwierigen Zeiten
An Krisen können wir wachsen, wenn wir sie bewusst durchleben und auch wertschätzen. Puuuuh … Harter Tobak, mit dem Wertschätzen? Hier geht es um die Wichtigkeit, den Sinn und die Chancen für die Partnerschaft bei Stress in deinem Leben. Und weiter: Man sagt ja auch, dass Probleme die Lösungen für etwas anderes sind. Wenn Oma gerade im Krankenhaus ist, guckt man weniger auf die Differenzen in der Partnerschaft, weil jetzt Lösungen hermüssen.
Sicherlich fühlt sich der letzte Punkt (und das Bild der Jahreszeiten) nicht so richtig gut an, wenn man gerade mitten im dicksten Stress steckt. Aber: Bitte schüttele nicht gleich verärgert den Kopf. Ja, auch so können wir auf die Herausforderungen schauen.
Für eine gute Weiterentwicklung der Partnerschaft sorgen – gerade in Zeiten von Stress
Befindest du dich manchmal im Optimierungswahn? Oder lässt du dich davon anstecken? Entwicklung ist viel mehr als nur “Höher, schneller, weiter”. Das gilt es gerade bei Stress zu überdenken.
Was könnte aus deiner Überforderung erwachsen? Wofür kannst du und könnt ihr (vielleicht auch erst, wenn der Stress schon überwunden ist) die momentane Lage auch wertschätzen? Mögliche Aspekte sind:
- Dankbarkeit empfinden für all das Schöne, was es auch gibt
- Das, was im Leben wichtig ist, wird intensiver spürbar
- Gestaltungskraft und Bewältigungskompetenzen werden aktiviert
- Erfahrungen und Entdeckungen werden möglich, die uns in ruhigen Jahren Halt und Richtung geben
- Hoffnung lässt uns Gemeinschaft mit anderen Menschen spüren und zusammenhalten
Mach dir bewusst, was dir wirklich wichtig ist. Das ist auch ein gutes Gesprächsthema für euch als Paar. Welche Werte habt ihr gemeinsam? Was verbindet euch als Paar? Wer seine Werte kennt, hat Visionen und Ideen für die Zukunft und kann sich neue Ziele setzen:
- Welchen Sinn kann diese Krise für dich und mich haben? Was könnte daraus erwachsen?
- Was will ich aus der Zeit des Stresses für mich mitnehmen? Und was nimmst du mit?
- Und auch hier wieder die Frage: Was hindert euch daran?
- Welche gemeinsamen Visionen und Ziele ergeben sich daraus für uns beide?
Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.
Max Frisch
In diesem Sinne: Bleibt zuversichtlich!
Mehr Tipps von mir gibt es hier im Video:
Die Designerin Susanne Speer hat mich in der Corona-Zeit zum Thema Partnerschaft interviewt. Sie nahm in der Pandemie „Mutmachinterviews“ mit vielen unterschiedlichen Gesprächspartnern und Gesprächsparterinnen auf. Schau mal rein:
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Meine Buchempfehlung zum Thema Stress und Partnerschaft
Die im Text genannte Literatur zu unterschiedlichen Aspekten des Themas hier noch einmal in der Übersicht
Martin Seligman: Wie wir aufblühen. Die fünf Säulen des persönlichen Wohlbefindens*
Natalie Knapp: Der unendliche Augenblick: Warum Zeiten der Unsicherheit so wertvoll sind*
Eine Anmerkung:
Hier in meinem Artikel ist von “Partner” die Rede – du kannst dafür ebenso das Wort “Partnerin” setzen. Ich habe lediglich ein Geschlecht bzw. eine Perspektive gewählt, damit dieser Beitrag leichter lesbar ist. Alle Inhalte gelten aber für alle Geschlechter.